Wohl jedem Mittel- und Südamerikasammler war der Name des Berufsphilatelisten Brian Moorhouse bekannt. Als Händler, Prüfer, Experte und Publizist war er für Jahrzehnte eine – nein, die – internationale Größe. Weniger bekannt war seine eigene Sammelleidenschaft so mancher Gebiete, zu denen er allein 14 Exponate erstellte, die teils mit hohen Auszeichnungen und Würdigungen in die Geschichte der Philatelie eingingen. Zwei davon werden in diesem lesenswerten und umfangreichen Dokumentationsband vorgestellt.
Der Name „Tierra del Fuego“ – vielen besser als „Feuerland“ und die südlichste Provinz Argentiniens bekannt – ist untrennbar mit dem von Julius Popper (1857-1893) verbunden, einem aus Rumänien stammenden jüdischen Freimaurer und Abenteurer, der 1885 auf der Suche nach Gold nach Argentinien kam. Ein Jahr später fand er goldhaltigen Sand am Strand von Paramo, einer Halbinsel Feuerlands. Schon kurze Zeit später förderte Popper große Mengen Gold. Dies versetzte ihn in die Lage, ein eigenes Reich mit eigener Goldmünzen-Währung und eigenen lokalen Briefmarken gründen zu können, die ab 1891 über einen Postdienst in Ushuaia vertrieben wurden. Zwei Jahre später starb Popper unerwartet und mit ihm ging sein eigenes Königreich schnell zugrunde.
Moorhouse erzählt diese Geschichte in seiner Sammlung in weit größerer Ausführlichkeit und belegt die Markenausgaben mit einer Fülle, die ihresgleichen sucht – aber nicht finden kann, da er selbst den größten Teil des noch existenten Bestandes sein Eigen nannte. Seine Kollektion ist die beste und umfangreichste, die es je zu diesem Gebiet gab. Man lernt an ihr alle Feinheiten dieser Lokalausgaben, die man bisher bestenfalls vom Hörensagen her kannte.
Mit der zweiten Sammlung zum wohl blutigsten Krieg in Südamerika, dem Chaco-Krieg von 1932–1935, erweist Moorhouse ebenfalls seine philatelistische und postgeschichtliche Kompetenz, die er aufgrund exzellenter historischer und literarischer Kenntnisse über viele Jahre erworben hat. Bei dieser militärischen Auseinandersetzung zwischen Bolivien und Paraguay ging es zuvor bereits jahrzehntelang um Gebietsansprüche an den Gran Chaco, einem eher menschenleeren und wirtschaftlich scheinbar uninteressanten Gebiet, die letztlich in einen Krieg mündeten. 1938 konnte Paraguay in einem Friedensvertrag für sich den Sieg und die Kontrolle über den größeren Teil dieses Gebietes verbuchen.
Moorhouse dokumentiert Marken, Stempel, Militärpost und Zensurmaßnahmen beider damals involvierten Länder und selbst Propaganda-Postkarten und -Aufkleber hat er berücksichtigt, ebenso wie die Kriegsgefangenenpost beider Seiten. Die Fülle des gezeigten Materials ist nahezu erschlagend und äußerst bedrückend, spiegelt sie doch das damalige Geschehen in unvergleichbarer Weise wider. Diese Kollektion ist ein Geschichtsbuch der besonderen Art und geht weit über ein rein philatelistisches Exponat hinaus.
— Wolfgang Maaßen (AIJP)
196 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, in Englisch