Thematik-Sammler bietet sich zuweilen die Möglichkeit, passend zu dem Thema ihrer Wahl – seien es Autos, Eisenbahnen oder Schiffe, um nur einige Beispiele zu nennen – solche Objekte nicht nur auf Briefmarken, sondern auch als Original – und sei es im Miniaturformat – zu sammeln. Tierliebhaber züchten oder halten nicht selten die Rassen, die sie in den Mittelpunkt ihrer philatelistischen Vorlieben stellen. Genau dies war auch bei dem 1952 in Nordhausen/Harz geborenen Philatelisten Lutz König der Fall.
König versteht nicht nur viel von Taubenpost (so der Titel seines seit 2006 vielfach mit Groß-Gold und Grand Prix ausgezeichneten Exponates), sondern auch von Tauben selbst, denn diese züchtete er bis 1990. Er gewann mit seinen Tauben bei zahlreichen Ausstellungen in der früheren DDR hohe Preise. Erst seine berufliche Auslastung ließen ihn diese zeitraubende Beschäftigung zugunsten der weiteren Karriere aufgeben, so dass er sich stattdessen auf das philatelistisch reizvolle Thema der Taubenpost konzentrierte.
Der neue Band 57 der bekannten Buchreihe „EDITION D‘OR“ schildert nicht nur die Biografie dieses ungewöhnlichen Sammlers, er stellt auch eine äußerst lesenswerte Einführung in Königs Sammelgebiet bereit. Das Vorwort spannt einen Bogen von der ornithologischen Sicht auf Tauben, über Nachrichtenübermittlung per Taubenpost sowie edle Taubenrassen und Tauben als Hochleistungssportler bis hin zur Taube als bekanntes und weltweit verbreitetes Symbol für Frieden.
Auf knapp 100 weiteren Seiten ist schließlich diese hochprämierte Sammlung dokumentiert. Sie gibt in vier Sammlungsteilen tiefe Einblicke zur „Biographie der wildlebenden Tauben“, zur Evolution von „wildlebenden Felsentauben zu unseren heutigen Haustauben“, sowie mit einem historischen Rückgriff auf die Entwicklung vom „antiken Göttervogel zur religiösen Symbolfigur“ und zu Aspekten der „Inspirationsquelle Taube“.
Was beeindruckt, ist die Akribie der Bearbeitung in diesem Exponat, das alle Varianten philatelistischer Objekte nutzt (Marken, Stempel, Ganzsachen, Briefe, Freistempel und vieles andere mehr), um die Aussagen zu illustrieren. Aktuelle Fragen wie die des Artenschutzes und der heutigen Gefahren für Wild- und Haustauben bleiben dabei nicht ausgespart. Bei der Auswahl der gezeigten philatelistischen Objekte spürt man den Connaisseur, der das Besondere liebt: Lutz König hatte bis 1990 DDR-spezial, also Besonderheiten und Abarten, gesammelt, später setzte er diesen nicht leichten Ansatz in seiner Taubenpost-Sammlung fort und wählte auch hier jeweils das Besondere, zuweilen gar das Einmalige.
Es ist nicht nur unterhaltsam, im wohlverstandenen Sinne auch bildend, dieses Buch zu lesen, es ist eine Freude. Die Sammlung sollte man gesehen haben – nun hat jeder vergleichsweise leicht die Möglichkeit dazu.
— Wolfgang Maaßen (AIJP)
128 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, in Englisch und Deutsch